Parma EC Plus Reparatur
Bei ebay konnte ich einen Parma: EC Electronic günstig ersteigern. Genauer: einen Parma Turbo EC Basic Electronic (nicht PLUS), also leider ohne PWM-Bremsteil, aber immerhin.
Allerdings mit dem Hinweis: "...habe den Regler vor ca. einem Jahr neu gekauft , und bis vor zwei Tagen funktionierte er auch super! Keine Ahnung warum die Autos mit dem Regler jetzt nur noch auf Vollgas laufen!!"
Klarer Fall: Dieser Regler ist in Slotterkreisen sehr beliebt, als einziger Nachteil wird die hohe Ausfallquote genannt. Der Drücker kann sich nicht gegen Fehlbedienung (falsche Spannung, Verpolung) wehren.
Ich wollte ja einfach mal sehen, wie dieser PWM-Regler aufgebaut ist. Im Vergleich zu anderen PWM-Reglern ist er ja komplett diskret designed, ohne Prozessor (PIC, ATMEL) und trotzdem auf kleinstem Raum.
Das ist auch leider bereits das erste Problem, alle Bauteile sind in SMD-Technik ausgeführt und wirklich winzig.
Auf Anhieb kann man ohne Lupe noch nicht einmal den Herstellernamen auf der Platine ablesen. Zum Glück wird man im Internet fündig, da hat sich jemand die Mühe gemacht und die ganzen Leiterbahnen und Bauteile in einen Schaltplan übertragen.
Zwar nicht ganz komplett und mit einigen fehlenden Bauteilewerten, aber trotzdem sehr hilfreich! Hier ein Artikel dazu in Slotcar Illustrated.
Hier sind auch schon zwei dezente Hinweise darauf, was alles gerne kaputt geht. Wir schauen gleich mal nach:
Wurks, das erste Problem stellt der Kondensator am Eingang dar, er ist nur bis 16V ausgelegt, den müssen wir in Blick auf die Zukunft auf alle Fälle tauschen. Unser Kondensator (C7: 1000µF/16V) ist allerdings noch in Ordnung.
Was mir grössere Schmerzen bereitet, sind die Anschlusskabel. Rot-Schwarz-Weiss, die PARMA-Flaggenfarben. Die müssen wir natürlich auch gleich tauschen, denn da liegt ja wohl das eigentliche Übel begraben: Kann sich das jemand merken?
- WHITE = Rot = PLUS
- RED = Schwarz = MASSE
- BLACK = Gelb = BAHNSTROM
Das ist mir echt too much und wir löten gleich mal auf Schwarz-Rot-Gold um.
Sieht irgendwie gleich bekannter aus, oder?
Nun, das bringt leider noch nicht so viel, unser Drücker kann nur Vollgas. Und zwar ganz einfach nur deshalb, weil bei Vollgas der Trigger den Vollgaskontakt schließt und die komplette Versorgungsspannung auf den Motor gelangt und damit wird die Schaltung kurzgeschlossen.
Immerhin, wir könnten ihn zur Not auch als Schalter einsetzen!
Wie geht man also vor?
Die Entwickler haben auf dem Platinenlayout eine ganz simple Kontrollfunktion eingeplant. Die haben unsere chinesischen Löterinnen leider wohl vergessen?
Vermutlich ist die POWER-LED dem Sparzwang zum Opfer gefallen, wir rüsten jetzt erstmal nach:
Hier kommt unsere LED rein. Leider haben wir keine in SMD, wir müssen daher etwas biegen, um sie reinzubekommen. Später soll ja die Griffschale wieder drüberpassen...
Die LED schliessen wir übrigens so an, dass das längere Anschlussbeinchen, die Annode (oder das Beinchen, das NICHT auf die Trägerplatte geht) in Richtung Widerstand R4 zeigt.
Wie hier im Bildchen schön zu sehen. Die Kathode (Minus-Anschluss) geht immer an das "Becherchen"!
Hurrah! Jetzt haben wir es amtlich: Die LED brennt nicht, wenn wir unseren Drücker anschließen! Er ist also offiziell nicht Betriebsbereit!
Okay, wenn die LED nicht brennt, ist das ein ganz klarer Hinweis für uns: Wir müssen uns erstmal auf die Suche nach der Ursache für die fehlende Versorgungsspannung machen.
Wie man im Schaltplan erkennen kann, versorgt die Versorgungsspannung: +5V auch unseren Operationsverstärker, der für die Erzeugung des PWM-Signals zuständig ist!
Hier ist alles sofort klar: Der Kondensator C6 wurde vermutlich geschossen und schließt jetzt Kurz. Wir können nur hoffen, dass es nicht auch noch Z2 oder Q6 gekostet hat, die sind nicht so einfach zu ersetzten.
Leider fehlt der Hinweis auf die Größe der Kapazität. Die Art der Schaltung empfiehlt jedoch einen Wert ab ca.100µF, es ist ja nur eine Spannungsstabilisierung, wir achten auf eine Spannungsfestigkeit von mind. 35V.
Hier teilt sich übrigens die Spreu vom Weizen. Bei gleicher Baugröße und Kapazität steigt die Wertigkeit des Kondensators mit der zunehmenden Spannungsfestigkeit. Ein Kondensator in dieser Baugrösse und einer Spannungsfestigkeit von 60V kostet etwa das fünfache der 16V-Variante. Okay, bei einem Preis von ca. 1 EUR quält uns das jetzt nicht so sehr...
Hier also unsere beiden, neuen Freunde, mit denen wir in Zukunft Vieles gemeinsam unternehmen wollen...
Und siehe da: Die LED brennt ja jetzt plötzlich! Wir sind also schonmal ein gutes Stück weiter. Leider funktioniert das Ding immer noch nicht ganz, aber Vollgas geht immer noch!
Komisch an der Stelle ist auch noch, dass nach Vollgas (bei aktivierter Bremse) beim Kontaktieren des Triggers mit dem Bremskontakt plötzlich kurzzeitig 7.5A aus unserem Netzteil fliessen.
Wo wollen die 7.5A denn hin? Durch unseren FOX1-Motor? ...wohl eher nicht :-) Darauf kommen wir später noch, erstmal vermeiden wir es, den Vollgaskontakt zu bringen!
Wir messen nun erstmal an unserem OPV (U1), ob überhaupt irgendwas passiert. Unseren P-MOSFET (SUP75P03), der auf unserer Plaltine die drei TPC8003DS ersetzt und den wir ja auch noch unter Verdacht haben, frühzeitig abgelebt zu sein, möchten wir erstmal nicht auslöten.
Ich habe allerdings mal die Gate-Source und Gate-Drain Anschlüsse auf Kurzschluss geprüft und auf andere Anzeichen geachtet (Ausdampfen oder Siliziumspritzer am Transistor), scheint nichts auffällig zu sein.
Eine tolle Info-Seite zu MOSFETs und Fehlersuche, Auffälligkeiten, Eckdaten findet ihr bei der Firma Nessel (da wo es auch die leckere Silikonlitze gibt!)
Ist auch besser so, denn wir hätten keinen gleichwertigen Ersatz für unseren P-MOSFET. Der Ersatztyp unserer Wahl: SUP65P06 ist erst in zwei Monaten wieder lieferbar. (Eckdaten: VDS: 60V, ID: 65A, RDS(on): 0.02Ω wobei dies den Maxwert bei ID: 80A darstellt, RDS(on) liegt tatsächlich bei lediglich 0.015Ω bis 20A)
Nun wird es leider etwas eng auf unserem Schreibtisch. Wir benötigen ein Oszilloskop, um alles weitere sichtbar zu machen. Im Falle von PWM-Signalen im Frequenzbereich um 1kHz hilft leider kein Digital-Multimeter weiter.
Hier seht ihr, wo die Bauteile sitzen. Benamt sind sie nach dem oben genannten Schaltplan.
Hier auch gleich noch die beiden Strompfade, die uns noch beschäftigen werden.
Wir wollen an OPV1 messen, was an Eingang und Ausgang anliegt und ob er überhaupt noch funktioniert.
Unsere Vermutung, weshalb hier nichts mehr funktioniert ist nämlich leider noch immer: Verpolung mit Überspannung. (Nach dem Motto: "...warum geht das Ding denn nicht, ich dreh mal die Spannung am Netzgerät auf!")
Zum Glück nicht bestätigt. Der OPV ist wohl robuster als C6. Wir messen:
Die "Rechteckspannung" an Ausgang U1A, an Pin 1
Die integrierte Sägezahnspannung an Eingang U1B, an Pin 5
Übrigens mit genau 10V Spannung aus dem Netzgerät!
Am Minus-Eingang von U1B sollten wir die abgegriffene Spannung vom Triggerwiper messen können. Mmmh, da ist nichts zu messen.
Aus Schaltplan (und verglichen mit unserer Platine) geht hervor, dass über die Reihenschaltung aus R1, Schleiferwiderstand und R3 unsere +5V-Spannung (die wir ja bereits wieder zum Leben erweckt haben) angelegt ist. Leider ist der Schleiferwiderstand nicht genauer spezifiziert, aus den gemessenen Spannungen und über das Widerstandsteiler-Verhältnis erhalten wir aber einen groben Wert von ca. 200Ω.
Nun, aus 150Ω, 200Ω und 150Ω müsste eine Spannung von ca. 3V am Eingang zu messen sein. Tatsächlich ändert sich jedoch nur das Potential an Widerstand R1. Sehr merkwürdig.
Es scheint naheliegend, dass der Strom noch irgendwohin fließt, vermutlich stimmt der Plan doch nicht zu 100%. Und tatsächlich finde ich noch einen Kondensator C3, der nicht in der Zeichnung auftaucht, jedoch bei Defekt möglicherweise den Ausgang an Pin 7 von U1B auf +5V ziehen kann und evtl. den Eingang am OPV gleich in Mitleidenschaft zieht.
Kurzerhand ausgelötet bringt das aber noch keine Besserung. Auch der Kondensator C2, zwischen den beiden Eingängen von U1B ist nicht verantwortlich für das Verhalten.
Es scheint also so zu sein, dass das OPV-IC einen Schlag abbekommen hat. Sehr ärgerlich, denn diesen LM393 haben wir natürlich auch nicht auf die Schnelle zur Verfügung.
Also mache ich mich nochmal an Platine und versuche versteckte Pfade zu finden. Da fällt mir zum ersten Mal auf, was es mit diesen beiden Litzen am Abzugsfinger auf sich hat:
Der Wiper ist isoliert vom Vollgaskontakt montiert, daher die beiden Strippen. Doof, denn diesen Vollgaskontakt in Zusammenhang mit einer MOSFET-Schaltung braucht man eigentlich nicht.
Der RDS(ON) ist beim verwendeten SUP75P03 mit 0.007Ω wirklich verschwindend gering. Möglichereise ist der Spannungsabfall an der eingesteckten 15A-Sicherung grösser... Die AMIS halt...
Und siehe da: War doch ganz einfach, der Wiperfinger hat eine leitende Verbindung zum Schaltkontakt des Vollgas/Bremsabgriffs, so was blödes aber auch.
Das ist übrigens auch immer der beliebte Fehler beim einfachen Widerstandsregler und sorgt regelmässig für die durchgebrannte, letzte Windung: ein Schluss am Ende gegen Masse, verursacht durch einen zu früh schaltenden Bremskontakt oder den verrutschten Wiperarm. Einige Milimeter trennen da oft Leben und Tod voneinander.
Bei uns ist der Wiper bei genauer Sicht auch wirklich nicht 100%ig in der richtigen Position. Korrigiert und wieder richtig festgeschraubt sehen wir folgendes:
Fingerabgriff auf Null Prozent. Zu sehen sind beide Eingänge (Pins 5 +6) an U1B
Fingerabgriff auf 100 Prozent.
Tja, ganz unspektakulär eigentlich. Man muss halt nur wissen, wo man suchen muss, gell? :-)
Der Ausgang ist natürlich auch sofort da, wer hätte das gedacht? Hier seht ihr die Signale "live" mit der Kamera vom ipod nano eingefangen.
Die Ausgangsspannung hat den Maßstab: 2V/Kästchen, taktet also die komplette 10V-Spannung vom Netzgerät.
Video: https://vimeo.com/20137609